3 Minuten Lesezeit 02. Oktober 2023

Rechtsprechung Ferienanteil im laufenden Lohn

Gemäss Artikel 329d des OR hat der Arbeitgebende dem Arbeitnehmenden für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn zu vergüten. Der Zweck dieser Bestimmung ist, dass die Arbeitnehmenden während ihrer Ferien nicht schlechter gestellt sind, als wenn sie in dieser Zeit gearbeitet hätten. Zudem dürfen die Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch beispielsweise Geldzahlungen oder Vergünstigungen entschädigt werden. Bisher hat die Rechtsprechung die Möglichkeit anerkannt, von dieser Bestimmung abzuweichen, sofern unregelmässige Beschäftigung vorliegt. Diese Ausnahmeregelung wurde damit begründet, dass die Berechnung des korrekten Lohns bei einer unregelmässigen Beschäftigung aufgrund der Schwankungen im Arbeitspensum äusserst komplex und für den Arbeitgebenden unzumutbar sein kann. In solchen Fällen wird der Anteil für die Ferien mit dem laufenden Lohn abgegolten.

Aktuelle Rechtsprechung

Die bisherige Rechtsprechung ist mit Urteil vom 30. Januar 2023 (4A_357/2022) vom Bundesgericht konkretisiert worden, in welchem eine Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft aufgearbeitet wurde. In jener Angelegenheit erhob eine zuvor vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin erfolgreich Klage gegen ihre Arbeitgeberin auf Zahlung von Entschädigung für entgangene Taggelder, sowie Ferien- und Feiertagsentschädigung. Die Arbeitgeberin warf dem Kantonsgericht Basel-Landschaft in der Beschwerde vor, Artikel 329d OR verletzt zu haben, indem die Beschäftigung der Arbeitnehmerin im Urteil nicht als unregelmässig qualifiziert und der Arbeitnehmerin eine Ferienentschädigung zugesprochen worden war. Die Arbeitgeberin argumentierte, dass aus der Arbeitsstundenübersicht die Schwankungen der vergüteten Arbeitsstunden ersichtlich waren und daher von einem unregelmässigen Pensum ausgegangen werden konnte. Folglich sei es gerechtfertigt gewesen, den Ferienlohn ausnahmsweise mit den laufenden Lohnzahlungen abzugelten. Das Kantonsgericht folgte diesem Argument nicht.

Das Bundesgericht hält in seinen Erwägungen fest, dass eine Abweichung von Artikel 329d OR bestimmten materiellen und formellen Voraussetzungen unterliege. Eine solche Abweichung sei nur zulässig, wenn es sich um eine unregelmässige Beschäftigung handle. Falls ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliege, müsse der Lohnanteil, der auf die Ferien falle, klar und ausdrücklich abgegrenzt werden. Darüber hinaus müssten die einzelnen Lohnabrechnungen den auf die Ferien entfallenden Lohn betragsmässig separat ausweisen. Ein einfacher Hinweis allein erfülle nicht die erforderlichen Anforderungen. Wenn der Arbeitgebende diesen Voraussetzungen nicht nachkomme, sei der Lohn, der auf die Ferien entfalle, auch während dieser Zeit zu entrichten. Eine Abgeltung mit dem laufenden Lohn dürfe nur in Ausnahmefällen und äusserst zurückhaltend erfolgen, beispielsweise wenn die Zahlung während der Ferienzeit praktisch nicht durchführbar wäre oder wenn eine Teilzeitarbeit bei verschiedenen Arbeitgebenden ausgeübt würde. Angesichts der heutigen Softwareangebote und Zeiterfassungssysteme erscheine  es für Arbeitgebende zumutbar, den Ferienlohn auch bei monatlichen Schwankungen zu berechnen, insbesondere bei Vollzeitbeschäftigung. Der Schutzzweck von Artikel 329d OR würde ausgehöhlt, wenn bei einem Vollzeitpensum wegen Schwankungen des geschuldeten Lohns vom Abgeltungsverbot abgewichen werden dürfte.

Wichtig zu beachten

Es besteht kein Anspruch auf Abgeltung des Ferienlohns bei Vollzeitbeschäftigung beim selben Arbeitgebenden aufgrund monatlicher Schwankungen des geschuldeten Lohns. Hat ein Arbeitgebender Arbeitnehmende mit schwankendem Arbeitspensum beschäftigt, muss er sicherstellen, dass die verwendete Software die Berechnung  des auf die Ferien entfallenden Lohnanteils korrekt vornimmt.

Quelle: EXPERT INFO 2/2023